Augenblick verweile
Lieblingsorte zum Glücklichsein. In unserer Serie porträtieren wir Menschen aus Lustenau an ihren Lieblingsplätzen und fragen sie, wieso sie gerade hier besonders glücklich sind.
Ioannis Konstantinidis sollte eigentlich Doktor werden. Aufgewachsen ist er in Athen, quasi im Krankenhaus. Nicht weil er krank war, sondern weil dort seine Mutter als Chef-OP-Schwester arbeitete, während sein Vater auf Öltankern die Weltmeere bereiste. Allerdings verfolgte Ioannis andere Berufspläne, studierte lieber Industriedesign, heuerte beim Fernsehen an und produzierte später freischaffend Werbevideos, Serien und Filme, bevor er sich jener Leidenschaft hingab, die ihm sein Vater vererbt hatte: der Liebe zu gesunden Nahrungsmitteln. Er, der Odysseus im Herzen trage, sei nun nach vielen Stationen auf unterschiedlichen Kontinenten in Lustenau angekommen. „Ich bin ein Liebesflüchtling“, sagt er lachend mit Blick zu Ehefrau Rebekka. „Das hier ist mein kleines Ithaka.“ Obwohl er keiWort Deutsch konnte, als er 2015 hier landete, versteht er Lustenauerisch inzwischen recht gut. Dialekte seien ihm generell sehr sympathisch, auch in Kreta, wo sich der eigentliche Familiensitz befinde, pflege man eine charakteristische Umgangssprache.
2018 eröffnete er gemeinsam mit Rebekka den griechischen Feinkostladen „Olivengrün“, der mit handverlesenen Nahrungsmitteln und Pflegeprodukten ein Stück Griechenland nach Vorarlberg bringt. „Echtes Olivenöl höchster Güteklasse, wie wir es vertreiben, ist eine Medizin für die Menschen“, ist Ioannis überzeugt. Nein, es gehe ihm absolut nicht um Lifestyle, sondern um körperliche und seelische Gesundheit. Das Geschäft sei Herzenssache, denn: „Es ist ein Problem unserer Zeit, dass wir zu wenig für unsere Seele tun.“ Seinen inneren Frieden habe er gefunden: „Ich wache auf, radle in den Shop, bin mein eigener Chef. Ich verdiene keine Millionen, aber es ist der beste Job meines Lebens.“ Und er fügt hinzu: „Man sollte für jede Minute seines Lebens leben, nicht fürs Wochenende.“ Ioannis Verbundenheit zu seiner Heimat und zu deren Traditionen ist groß, dennoch sagt er: „Vorarlberg ist eine sehr spezielle Ecke. Die Lebensqualität, die sich uns hier bietet, findest du an kaum einem anderen Ort in Europa.“ Ob er denn gar nichts vermisse? Er weiß, worauf die Frage abzielt, und meint achselzuckend: „Ok, das Meer, ja. Du kannst nicht alles haben.“ Schließlich müsse sich sowieso jeder selbst sein Paradies schaffen. Und immerhin gibt es ja den Alten Rhein – eben auch so ein Ort, um der Seele Gutes zu tun.
Lieblingsort Alter Rhein, weil ... „wir gerne viel in der Natur sind, das hier ein wunderbarer Ort ist und ich hier mein Heimweh nach dem Meer etwas abstreifen kann.“
Eine junge Frau mit ungewöhnlichem Hobby: Mit ihren 18 Jahren hat sie schon mehrere Brände gelöscht, PKWs aus dem Graben gezogen und Schnee und Sturm getrotzt: Chiara Sadjak ist Feuerwehrfrau mit Leib und Seele. Im Oktober 2017 hat sie die Leidenschaft gepackt. Damals stieg die HAK-Schülerin bei der Jugendfeuerwehr ein. Zuvor hatte sie lange nach einem passenden Hobby gesucht. Und nach Anschluss, weil sie gerade erst nach Lustenau gezogen war. Schnell fühlte sie sich bei der Freiwilligen Feuerwehr heimisch, knüpfte Freundschaften, fand Gefallen an den wöchentlichen Proben und dem Miteinander. Als Frau eine Ausnahme? Nein, längst nicht mehr, rund 15-20 Feuerwehrfrauen stehen ihren rund 90 männlichen Kollegen in nichts nach, wenn Hilfe gefordert ist. Der gegenseitige Respekt sei groß. Klammer auf: „Natürlich darfst du nicht wehleidig sein.“ Man glaubt ihr gern, dass sie das kann: Anpacken in Notfallsituationen und Humor bewahren, wenn’s gesellig wird.
Freizeitmäßig sei sie nun voll eingedeckt, meint Chiara, zumal sie als Mitglied in der vereinsinternen Eishockeymannschaft auch sportlich voll auf ihre Kosten kommt. Kein Wunder, dass sich inzwischen fast alle ihrer Freundschaften in diesem Kreis abspielen. Was den Reiz ausmacht? „Die Kameradschaft. Die Feuerwehr ist viel mehr als eine Einsatzorganisation, hier herrscht einfach eine große Verbundenheit.“ Seit sie 16 ist und ihre Grundausbildung absolviert hat, ist sie mit dem „Piepser“ ausgestattet. Bei insgesamt über 200 Einsätzen im Jahr – wobei nicht alle Freiwilligen zu jedem Einsatz gerufen werden – könne es schon sein, dass dieser bis zu zehn Mal im Monat Alarm schlage. Sie sei jetzt auch für weitere Ausbildungen und Kurse zugelassen und plane, sich zur Atemschutzgeräteträgerin und später vielleicht noch zur Maschinistin befähigen zu lassen. Nur gut, dass sich ihre Schule ihrem Hobby gegenüber so kooperativ zeigt und geografisch ideal gelegen ist, nämlich direkt hinter dem Feuerwehrhaus: „Ich darf immer gehen, wenn es piepst. So bin ich tagsüber meist die Erste, die dort ist.“
Lieblingsort Lustenauer Feuerwehrhaus, weil ... „dieser Ort ein Treffpunkt von mir und meinen Leuten ist und weil hier immer was los ist. Ein großer Teil meines Lebens spielt sich hier ab.“