Fleischers Lust
Veganismus ist zwar ein großer Ernährungstrend, aber den muss ja nicht jeder mitmachen. Oder nicht immer. Weniger, aber dafür allerfeinste Fleisch- und Wurstwaren, das wäre doch gut, auch für den Planeten. Und diese Fleisches-Lust kann man ganz wunderbar befriedigen in Lustenau.
Das Metzgerwesen in Lustenau steht im Grunde auf vier unverrückbaren Säulen: Bären, Ochsen, Schlierenzauer und Virgler bilden das Fundament traditioneller FleischerKunst.
Ja, Kunst: Denn es ist durchaus bemerkens- und bewundernswert, was diese Betriebe aus Rind, Kalb und Schwein, Wild und Geflügel auf unsere Teller zaubern. Feinste Würste, Räucherwaren, Pasteten und ganze Menüs für kleinere und große Feste verlassen Woche für Woche diese Fleisch-Werkstätten.
Konkurrieren tun sich die vier nicht wirklich, jeder hat so seine Kunden und Spezialitäten. Das mag wohl auch daran liegen, dass drei der vier Betriebe durch verwandtschaftliche Beziehungen – man ist seit dem Jahre Zuckerguss „vercousint“ – möglicherweise eine gewisse Beißhemmung entwickelt haben. Und auch daran, dass in Betrieben, die zum Teil in der 4. Generation familiengeführt sind, auch das Selbstbewusstsein recht stabil ist. Auch die Fleischtheken der Supermärkte betrachtet man übrigens nicht als Konkurrenz. Leben und leben lassen ist die Devise, zumindestens beim Mitbewerb. Bewusstsein für Qualität ist (wieder) hoch im Kurs. Die Kundschaft weiß, was sie haben will.
Der Metzger kocht für alle was
Was man durch die Schlachtbank hören kann, ist, dass die Braten kleiner werden, so wie die Familien, und dass die Nachfrage nach Vorgekochtem (Convenience Food im Neusprech) stark steigt. So wie auch der Party- und Festservice. Wer hat heute noch Kapazität, in der eigenen Wohnung für 30 Leute zu kochen? Und wenn auch Platz wäre: Zeit fehlt oder Kochkenntnisse oder beides. Das Geschäft mit Gulasch und Sugo aus dem Glas boomt also, und da kann manals Metzgerei, nebst dem Kerngeschäft Fleisch und Wurst, auch ziemlich gut eine unvergleichliche Position finden. Oder mit Spezialisierungen. Zum Beispiel beim Schlierenzauer. Da ist Metzgermeister Jonas Müller als Staatsmeister 2015 im Grillen natürlich die Fachnase für die besten Stücke am Feuer (nein, Elektrogrill ist keine Alternative). Schon beim Zerlegen der Rinderviertel und Schweinehälften sollte man wissen, welche Teile wofür bestens geeignet sind. Langsam setzen sich bei uns dadurch auch Schnitte wie Brisket oder Flanksteak durch – bis vor Kurzem kannten wir die bestenfalls aus YouTube-Videos.
Aus Respekt vorm Tier
Der Arbeitstag beginnt meist um fünf Uhr früh, 10 bis 12 Stunden steht man da schon im Betrieb. Dann wird zerlegt und aufbereitet, foliert und zum dry ageing aufgehängt. Ein Metzgermeister weiß genau, was ganz bleibt und was in die Wurst kann. Sorgfältig löst man auch noch kleine Teile zwischen den Rippen heraus, aus Respekt vor dem Tier. Ohnehin ist es ewig schade, dass man die guten Knochen zur Verwertung geben muss, weil sie keiner haben will. Und auch noch zahlen muss dafür, dass ein Lebensmittel wegkommt. Dabei könnte man hervorragenden Jus und Suppen daraus machen. Ein kleiner Teil wird auch dermaßen verquantet, aber die Nachfrage ist nicht groß genug. Leider. In die Wurst kommen Knorpel und Sehnen bei allen vier Metzgern jedenfalls nicht: Die Rote, Weiße, Wienerle, die Schübling und der Aufschnitt bestehen nur aus gutem Fleisch, Gewürzen und Wasser.
Bewusstsein für Qualität ist (wieder) hoch im Kurs. Die Kundschaft weiß, was sie haben will.
Zwei Fragen, vier Metzger und viele gute Argumente, beim Fleischer Ihres Vertrauens einzukaufen.
Frage 1: Was ist für dich gutes Fleisch, wie erkennst du das?
Frage 2: Warum kommen die Leute zu dir?
Max Bösch (29) von der Ochsenmetzgerei ist seit 2014 Meister in der 4. Generation. Schon als Kind hat er mitgeholfen, in der Metzgerei und Würste abgeschnitten. Ein anderer Beruf wäre für ihn nie in Frage gekommen. Vater, Mutter, Tante und Großtante helfen alle mit im Betrieb. Fleisch gibt es in irgendeiner Form täglich zu essen, außer am Karfreitag und am Aschermittwoch.
Antwort 1: Ich kaufe meine Ware nur bei Händlern und Lieferanten, die ich kenne. Rind, Kalb und Schwein werden regional bezogen, von vertrauenswürdigen Partnern. Man entwickelt ein Auge für Qualität.
Antwort 2: Wir bieten professionelle Beratung, ein super Preis-Leistungs-Verhältnis und hausgemachte Qualität. Gern gekauft wird der Römerbraten, ein abgeschwarteter Schweinebauch, der tagelang in Gewürzen eingelegt und dann saftig auf den Punkt gebraten wird. Bekannt ist auch der sogenannte „Schweinskäse“ nach Geheimrezept. Oder der Italienische Salat.
Herbert Fitz vom „Virgler“ (54) ist Metzgermeister in 4. Generation. Neben Fleisch und Wurst hat Hebi Fitz auch Räucherware wie Bauchspeck, Halsspeck und Mostbröckle vom Rind im Sortiment. Hebi verwendet viel Zeit auf den Speck, der abwechselnd kalt geräuchert und in Form gepresst wird. So ein Prozess kann schon mal ein bis zwei Wochen in Anspruch nehmen. Das Geschäft öffnet allerdings nur noch am Freitag und Samstag, den Rest der Woche steht Hebi in seiner „Werkstatt“ und bereitet Wurst und Partyservice vor und zu.
Antwort 1: Ich kaufe Rind und Kalb im Bregenzerwald und ein Lustenauer Viehhändler beliefert mich mit Schweinehälften. Das Wichtigste ist gute Lagerung, und frisch muss die Ware natürlich sein. Das zu erkennen ist Erfahrung.
Antwort 2: Die geben wir: Weithin bekannt ist (nebst exzellenten Wurstwaren) Hebis Barolo Braten. Die gut abgelagerte Rinderschulter wird dazu in guten Rotwein, Gewürze und Wurzelgemüse tagelang eingelegt, angebraten und im Sud geschmort. Das genaue Rezept wird Hebi nie herausrücken. Und am Samstag gibt es frische gebratene Schweinshaxen.
Hannes Bösch (28) von der Bärenmetzgerei schlachtet als einziger im Quartett noch selbst. Der Demnächst-Meister ist der Jüngste in einer langen Reihe von Bärenmetzgern, im Mai feierte man das 90. Jubiläum. Vater, Mutter und „Ersatzmama“ Rosi helfen ebenfalls mit. Als gut eingespieltes Team schlachten, zerlegen, wursten und räuchern sie 2 bis 2,5 Tonnen Fleisch pro Woche. Hannes hat eine Leidenschaft für Tiere und hält selbst ein paar Rinder im Kleinwalsertal.
Antwort 1: Ich kaufe nur bei Bauern und Händlern, die ich persönlich kenne, z.B. bei Manfred Schneider in Höchst oder bei Bauern im Allgäu. Die Henna sind vom Hühnergut Höchst. Ich fahre gern zu den Bauern und überzeuge mich selbst von der Qualität
Antwort 2: Bei mir gibt es 100%ige Qualität. Da kann jeder in den Stall fahren und selbst nachschauen. Vom Frischfleisch - Rind, Kalb, Schwein, Ziege, Lamm - über Wurst, Speck und Salami wird alles selbst gemacht. Auch in die hausgemachten Dosen kommt nur bestes Fleisch für Gulasch, Chili, Geschnetzeltes vom Schwein, Pasta Sauce und Hackbraten. Auch den Schinken machen wir natürlich selbst.
Jonas Müller (26) von der Metzgerei Schlierenzauer arbeitet seit 10 Jahren in der seit 1972 familiengeführten Metzgerei, gemeinsam mit Metzgermeister Gerd Schlierenzauer (58). Jonas ist nach der Landwirtschaftsschule Hohenems als Lehrling gekommen und geblieben. Der junge Staatsmeister im Grillen gibt seit Jahren-BBQ Kurse und hat sich großes Fachwissen erworben. Die Teilnehmer:innen seiner gefragten Kurse kommen gern zu ihm einkaufen. Spezialitäten wie ein 10-kg-Brisket, im Ganzen gegrillt, gibt es aber dennoch selten.
Antwort 1: Der Schwerpunkt liegt auf Qualität vor Quantität. Das Rind- und Kalbfleisch kommt in Hälften aus dem Bregenzerwald, die Schweine, auch halbiert, meist aus dem Allgäu, mehr als 100 km haben sie selten auf der Schwarte. Die Herkunft von unserem Fleisch ist bekannt, da stehen Name und Adresse drauf und ich kenne viele Lieferanten noch selbst von der Landwirtschaftsschule.
Antwort 2: Ich nehme jedes Stück selbst in die Hand, schau es mir an und weiß, ob die Qualität passt. Ich zeige meinen Respekt vor dem Tier auch, indem ich alle Teile verwerte, so gut es geht. Wir sind klein und fein, und das schätzen unsere Kunden.