Augenblick verweile
„Helden gesucht“, so die Plakataufschrift beim Schützengarten vor der Dienststelle des Roten Kreuzes Lustenau. Heldenhaft mutet tatsächlich an, was beim Roten Kreuz geleistet wird. 6633 Einsätze im Jahr 2021. Bereitschaft: 24/7. Also: ständig. Marcel Holzer, 33, seines Zeichens Kommandant seit April dieses Jahres, bringt es auf 20 bis 30 Stunden unbezahlte Arbeit pro Woche. Und das neben seinem Fulltime-Job als Qualitätssicherer. „Ich tue es einfach gerne“, sagt er. Das Heroische ist weniger seins, große Töne sucht man bei ihm vergeblich. „Viele sagen zu mir: ‚Was ein Sanitäter macht, könnte ich nicht.‘ An dem Punkt war ich auch einmal, aber das lernt man alles“, wischt er mögliche Bedenken weg. Es brauche genau zwei Dinge, um sich bei einer Organisation wie dem Roten Kreuz zu engagieren: Den Mut, den ersten Schritt zu tun. Und Teamfähigkeit. Der Rest ergebe sich von selbst. Außerdem könne man ja auch in den Bereichen „Schulung“ oder „vorbeugende Katastrophenvorsorge“ tätig sein. Er selbst hat sich dem Rettungsdienst verpflichtet und geht dabei jeden Notfall mit derselben Ernsthaftigkeit an, selbst, wenn man schon ahnt, dass es nur Bauchschmerzen sein könnten: „Jeder Einsatz ist mir wichtig. Dem einen muss man gut zureden, einem anderen rettet man das Leben oder man hilft, eines auf die Welt zu bringen.“ Den letzten „Nullerdienst“ (Bereitschaftsdienst ohne Notfallanrufe) gab es für Marcel Holzer im Jahr 2017, inzwischen müsse man im Schnitt schon fünf bis sechsmal in der Nacht ausrücken. Und am Tag danach? „Durchbeißen“, meint Marcel lakonisch, „zumindest, wenn nach dem Bereitschaftsdienst ein Werktag folgt.“ Zur Erklärung: Die derzeit 160 Ehrenamtlichen übernehmen die Bereitschaftszeiten abseits der Werktage: Nächte, Feiertage, Wochenenden. Zwei Dienste pro Monat wären ideal, derzeit treffe es aber jede:n öfters, meint der Kommandant und nützt die Gelegenheit, die Werbetrommel zu rühren: „Einfach vorbeikommen, unverbindlich mit uns reden oder einen Schnupperdienst machen.“
Abseits seiner Dienstzeiten ist es für Marcel Holzer vor allem auch das Vereinsleben, das ihm viel gibt. Um Werte wie Kameradschaft, Solidarität, Gemeinschaftssinn geht es ihm. Werte, die ihn immer wieder gerne ins Rettungsauto steigen lassen und dieses zu einem seiner absoluten Lieblingsorte machen.
Lieblingsort Rettungsauto, weil ich hier sehr viel sinnvolle Zeit verbringe und Menschen helfen kann.
Die Liebe zur Stickerei wurde Doris Suppan in die Wiege gelegt. Als Tochter eines Stickers und Punchermeisters war sie immer schon von Stoffen und Spitzen, von Dekor und Dessins umgeben. Später hat sie sich einen Traum erfüllt, hat mit ihrem Mann jene alte Stickerei renoviert, neben der sie aufgewachsen ist, und sich dort eine Wohlfühloase für sich und ihre Familie geschaffen. Seit sie denken kann, bastelt sie. Für sie steht außer Zweifel: „Das kreative Potenzial ist eine Kraft, die jeder und jede in sich trägt und die zu nähren sich lohnt.“ Sich mit diesem Potenzial zu verbinden, dazu motiviert sie als Kreativcoachin, wie sie es auch schon in ihrem ersten Beruf als Pädagogin, später als Mama, nebenbei als selbstständige Dekorateurin, Hochzeitsgestalterin oder Kerzendesignerin getan hat. „Ich möchte Menschen ermutigen, ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Deshalb lade ich meine Kund:innen immer auch zum Mitmachen ein“, so Doris. Eine schier unerschöpfliche Spielwiese an Möglichkeiten hat sich für sie Anfang dieses Jahres aufgetan – mit der ihr übertragenen Herkulesaufgabe, der stillgelegten Stickerei Natter neues Leben einzuhauchen. Hier darf sie nach Herzenslust schalten und walten und vor allem: Nach all jenen Schätzen stöbern, die in verstaubten Säcken und Schachteln tonnenweise auf ihren Dornröschenkuss warten. Und darauf, einen Stock höher, in den renovierten Verkaufsräumen, unter dem neuen „Label“ feinspitz ihrer weiteren Bestimmung zugeführt zu werden. Kein Wunder, dass dieser Ort derzeit ganz oben auf Doris´ Lieblingsplatz-Liste rangiert. Wohlgemerkt neben dem eigenen Gemüsegarten, dem Daheim und jenem Raum, der für ein weiteres berufliches Standbein steht: Seit Jahren begleitet sie als Energetikerin („die.lichtschmiedin“) Menschen in Krisen und unterstützt sie, Antworten in unterschiedlichen Lebensfragen zu finden. Gerade, wenn sich das Leben von der schweren Seite zeigt, eröffnet ihr ganzheitlicher Blick neue Perspektiven und damit Wege zur Heilung. Es ist ein Ruf, dem sie beständig folgt und ein Arbeitsfeld, das sich seit jeher wunderbar mit ihrer kreativen Ader verbinden lässt: „Da wie dort bin ich eine Art Vermittlerin, da wie dort habe ich Hebammenfunktion.“ Und vor allem: Da wie dort dürfe sie einer Leidenschaft nachgehen. Doris Suppan ist überzeugt: „Wenn man im Einklang mit Mutter Natur lebt und dabei die Dinge sieht, die einem Tag für Tag geschenkt werden, dann ist das Leben ein schönes Abenteuer.“
Lieblingsort feinspitz, weil hier noch die leise, aber konstante Musik der Lustenauer Stickerei am Schwingen ist und es so unendlich wertvoll ist, dieses wundervolle Erbe unserer Vorfahren mit Leidenschaft und Kreativität weiterleben zu lassen.