Lustenaus Kult-Komposition
© Miro Kuzmanovic
In der Fremde fällt oft der Satz: „Bring mir bitte einen Lustenauer Senf mit.“ Was einst als feine Würze am Tellerrand begann, ist längst zur kulinarischen Identitätsnote geworden – und wird jetzt auch für Touristen in Lustenau neu inszeniert: als Erlebnis, als Architektur, als Komposition.
Im Frühjahr 2024 ist die traditionsreiche Senfmühle Bösch im Glaserweg in ein neues Gebäude gezogen. Nicht irgendeines, sondern ein fein orchestriertes, energieeffizientes Bauwerk aus heimischer Fichte, entworfen von Architektin Julia Kick. Holz, Licht, Duft – ein Zusammenspiel, das nicht nur die Sinne berührt, sondern auch dem Nachhaltigkeitsgedanken Tribut zollt: CO₂-sparend gebaut, mit Erdwärmepumpe, Dachbegrünung und Photovoltaik. Eine Bühne für ein Produkt, das seit über 100 Jahren den feinen Ton angibt.
Klarinette und Wachstum
© Miro Kuzmanovic
Denn was Lustenauer Senf wirklich besonders macht, ist nicht nur die Rezeptur. Es ist das feine Gespür, das in dieser Familie von Generation zu Generation weitergegeben wird – wie ein musikalisches Talent. Bereits Gründer Richard Bösch, ausgebildet beim Schweizer Senfmeister, war Kapellmeister in Lustenau. Während der Arbeitspausen wurde mit der Klarinette musiziert, unterrichtet, gesungen. Der Senf hatte schon damals seine eigene Tonlage. Ab den 1950er Jahren wächst das Unternehmen – mit August Bösch und seiner Frau Steffi, später mit deren Söhnen Herbert und Reinhard. Die erste Tube kommt auf den Markt, in den 80ern und 90ern entstehen neue Feinkostsorten wie Bärlauch- oder Dörrpflaumensenf. Die Manufaktur wird zum Feinkostlieferanten, gelistet bei Meinl am Graben und in Gourmetküchen von Wien bis New York. Die Marke und ihr Kultstatus wurden mit Ideenreichtum und Konsequenz erarbeitet.
Handwerk wie einst
© Miro Kuzmanovic
Auch heute klingt das Erbe weiter. Denise und Stefan Bösch sowie Cousin Felix führen die Kultmarke mit Präzision und Leidenschaft. 250 Tonnen jährlich werden teils maschinell, teils von Hand von den dreien sowie einem Praktikanten abgefüllt, etikettiert, komponiert. Klassiker in der Tube, Spezialitäten wie Blutorangen- oder Senfkaviar im Glas. Wer mehr wissen – und schmecken – will, ist eingeladen: Der neue Erlebnisrundgang eröffnet Einblicke in die jahrtausendealte Senf-Geschichte, Herstellung und Rohstoffe mit Duftstationen, Projektionen, Anekdoten – ein multisensorisches Arrangement mit Stil. Heute kaufen Gourmets ebenso wie Gastronomen, im Onlineshop oder im hauseigenen Laden, wo auch nachgefüllt werden kann – in eigenen Gefäßen.
Geschmack mit Tiefe
Die Zutaten? Sorgfältig kuratiert. Im klassischen scharfen „Lustenauer Senf “ stecken zwei Drittel Gelber Senf, ein Drittel Braun- und Schwarzsenf – verfeinert mit Lustenauer Most. Die Saat stammt aus Apulien, exklusiv angebaut, wissenschaftlich begleitet von der Universität für Bodenkultur Wien und der TU München. Produziert wird ohne Konservierungsmittel und ohne künstliche oder natürliche Aromen. Der Geschmack? Komplex, präzise, ausgewogen. Wie eine gute Partitur. „Wir geben unseren Senf überall dazu“, sagt „Senfar“ Stefan Bösch beim Rundgang augenzwinkernd. Doch hinter dem Charme steckt Ernst. Jede Sorte ist ein kleines Kunstwerk. Und jede Führung ein Stück Bühnenprogramm. Kein Wunder, dass Gäste aus der Schweiz, Deutschland, Italien und Co hier Station machen. Schließlich ist Lustenauer Senf nicht bloß ein Produkt. Er ist eine feine Genusskomposition, eine „Senfonie“ für alle.
Facts:
© Miro Kuzmanovic
- 3.000 Liter Most werden jährlich verarbeitet
- 650.000 Tuben verlassen die Manufaktur pro Jahr
- 250 Tonnen werden jährlich hergestellt
- 50.000 kg Senfsaat werden dafür verarbeitet
Kontakt für Gruppenführungen:
Lustenauer Senf
Glaserweg 26, 6890 Lustenau
T: +43 (0)5577 82077
M: +43 (0)664 4040815
http://www.lustenauer-senf.at
office@lustenauer-senf.com