Weniger Mensch, mehr natürliche Vielfalt

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Wem gehört es nun, das Auer Ried, am Ortsrand von Lustenau gelegen und 210 ha groß? Den Bürgern der Ortsgemeinde Au, die es seit 1593 rechtmäßig beanspruchen? Den Lustenauer:innen, auf deren Gemeindegebiet es liegt? Den Tieren und Pflanzen im Ried ist das herzlich egal, solange man sie in Ruhe lässt und sich aufs Beobachten und Schützen beschränkt.

Eine Überschwemmungs- und Moorlandschaft war es lange Zeit, das Auer Ried, schwierig und unberechenbar, aber hunderte Jahre unaufhörlicher Mühe haben daraus fruchtbare Wiesen und Anbauflächen geformt. So natürlich und unberührt das Auer Ried auf österreichischem Staatsgebiet, aber in Schweizer Besitz, nun auch wirkt: Es ist eine sorgsam gepflegte Kulturlandschaft, die in den letzten Jahrzehnten vermehrt als Siedlungsraum bedrohter Vogelarten und seltener Pflanzen wiederbelebt wird.

Schutz bringt Vielfalt zurück

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Maßgeblich am Erhalt, an der Pflege und an der Renaturierung des Auer Rieds beteiligt ist Jagdaufseher Reinhard Hellmair. Seit mehr als 40 Jahren betreibt er Jagd in diesem Gebiet, zunächst in der Freizeit, seit bald 29 Jahren beruflich als oberster Hüter des 2,1 km2 großen Areales aus Wiesen, Wassergräben, Teichen und intensiv genutzten Ackerflächen. „Ich habe im Ried laufen gelernt, bin hier aufgewachsen, und glaube sagen zu dürfen, dass kaum jemand das Ried so gut kennt wie ich“, erzählt Reinhard. Während wir zwischen Jagdhütte und ehemaliger Schutzhütte spazieren, zählt der 63-jährige Fakten und Wissenswertes zum Ried auf. Immer wieder unterbricht er und sagt „Schau, ein Reh, da“, und zieht einen gleich in die richtige Position, um seinem Arm mit den Augen zur Fundstelle zu folgen. Rehe, Hasen, Füchse, Dachse, Mauswiesel und Hermeline teilen sich das Ried mit Bodenbrütern wie Kiebitz, Wachtelkönig, Braunkehlchen, um nur einige zu nennen. Auch Beutegreifer wie Milane und Falken gehören zur Ried-Fauna. Selbst Steinadler sind manchmal im Ried auf Beute aus.

Wo Nichtstun am besten ist

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Um das sensible Gleichgewicht für Tiere und Pflanzen erhalten zu können, muss Reinhard gelegentlich mit dem Jagdgewehr eingreifen und einen Überschuss an tierischen Jägern reglementieren. Auch ein Bewirtschaftungsverbot bis zum Ende der Brutzeit und die Schaffung eigener Brutflächen in einem sogenannten Ringbiotop haben dazu beigetragen, dass im Auer Ried nun wieder zahlreiche seltene Vogelarten heimisch sind. Allein auf den zwei Brutinseln brüteten im Jahr 2023 zehn Prozent des gesamten Vorarlberger Brutbestandes an Kiebitzen. Für andere Arten wie die Uferschnepfe kamen allerdings diese Maßnahmen zu spät – sie brütete die letzten Jahre nicht mehr in Vorarlberg, auch wenn gelegentlich noch ganz wenige Tiere gesichtet werden. Aber nicht nur tierische Nutznießer gibt es: Auf den nicht intensiv bewirtschafteten Streuwiesen wird nur 1x pro Jahr im Zeitraum vom 1. September bis zum 15. März gemäht. Dadurch ist es gelungen, seltene Feuchtbiotop-Bewohner wie Sibirische Iris oder Sumpfgladiole zu erhalten. Ein strenges Düngeverbot sorgt für eine enorme Artenvielfalt auf diesen Flächen. Weidetiere sind nicht zugelassen – sie könnten Krankheiten einschleppen und damit das natürliche Gleichgewicht stören.

Verhaltensregeln im Ried

  • Niemals die Wege verlassen
  • Hunde immer an die Leine nehmen
  • Müll wieder mitnehmen
  • Keine Drohnen, keine Drachen
  • Schauen und Staunen statt Stören

Wissenswertes

  • 210 ha/2,1 km2 oder 325 Fußballplätze groß, liegt im Norden des Lustenauer Gemeindegebietes zwischen Bahngasse, Zellgasse und Dornbirner Ach
  • Seit 2007 Teil des Europaschutzgebietes „Soren, Gleggen-Köblern, Schweizer Ried und Birken-Schwarzes Zeug“, Natura 2000-Gebiet
  • Ca. 4.000 heimische Sträucher als Gruppen oder Hecken gepflanzt
  • 10 Biotope angelegt
  • Ca. 6,5 km steile Entwässerungsgräben abgeflacht
  • 2013 erste Renaturierung mit Inselbiotop, 2021 Ergänzung um ein weiteres Ringbiotop und Inselstrauchgruppen
  • Seit 1593 ist dieses Riedgebiet größtenteils im Besitz der Schweizer Ortsgemeinde Au
  • Hauptsächlich vorkommende Wildarten sind Rehwild, Feldhasen, Enten, Fasane, Bisam und Raubwild wie Fuchs, Marder und Hermelin
  • Bekassinen, zahlreiche Enten, Kiebitze, Braunkehlchen, Rohrammern, Schafstelzen