News Interview mit Drechsler Hubert Kremmel 5. Juni 2020

Ein Auszug aus der Serie "Woran arbeitest du gerade" aus dem aktuellen lebens.lust-Magazin
Woran arbeitest du gerade?
Jetzt in diesem Moment gerade an einem Rohling für eine Schale.
Kannst du uns den Weg vom Baum zur Schale kurz beschreiben?
Zuerst wird ein Stück vom Baumstamm dickwandig vorgedrechselt, dann lass‘ ich den Rohling mindestens zwei bis drei Jahre trocknen und bearbeite ihn dann weiter. Nachher bleibt er zwei bis drei Wochen liegen, da er sich in dieser Zeit noch einmal verzieht. Erst dann wird er in seine endgültige Form gebracht, geschliffen und geölt. Jedes Stück ist ein Unikat.
Da steckt ganz schön viel Zeit drin in all diesen wunderbaren handgedrechselten Schalen, Vasen, Dosen, Pfeffermühlen ...

Ja, oft allein schon bis du überhaupt einen Rohling hast. Manche Rohlinge in meinem Lager sind sechs Jahre alt oder noch älter. Manchmal passiert es, dass sie während des Trocknens Risse bekommen und dadurch unbrauchbar werden. Trotzdem finde ich Holz als Material genial für Gebrauchsgegenstände, die ihren Dienst zum Teil über Generationen erfüllen, da für ihre Herstellung wenig Energie und Ressourcen verbraucht werden und sie die Umwelt nicht belasten.
Wie bist du auf das Drechseln gekommen?
Das Drechseln hat mich immer schon fasziniert. Ich erinnere mich, dass ich als Bub auf dem Schulweg oft beim „Radatz“ – damals dem einzigen Drechsler im Ort – vorbeigelaufen bin und mich gefreut habe, wenn ich ihm in der Werkstatt zuschauen durfte.
Dennoch bist du erst Tischler geworden?

Ja, da der Drechslerberuf durch die Automatisierung nicht mehr wirklich konkurrenzfähig war und der Tischlerberuf, bei dem ich ja auch mit Holz gearbeitet habe, mehr Zukunft hatte. Heutzutage gibt es nur ein oder zwei Drechsler im Land, die im Hauptberuf davon leben, aber viele, die in ihrer Freizeit drechseln.
Worauf legst du besonders Wert beim Drechseln?
Auf die Form, das Filigrane, auf schöne Proportionen und Eleganz. Im Einfachen liegt sehr viel Schönheit.
Führst du auch Auftragsarbeiten durch?

Ja, wenn mir die Arbeit reizvoll erscheint und es in meiner Werkstatt möglich ist. Ich könnte mir aber nicht vorstellen, Aufträge anzunehmen, die von mir verlangen, ganz oft dasselbe zu machen. Das wäre wirklich eine Strafe für mich.
Hingegen sieht man den Unikaten von dir an, dass sie mit viel Liebe gemacht wurden ...
Ja, weil sich meine Arbeit, die ich jetzt seit fünf Jahren hier mache, nie wie Arbeit anfühlt. Was ich tue, tue ich einfach nur gerne. Ich achte immer darauf, genug Zeit am Stück zu haben, damit ich die Arbeit nicht unterbrechen muss. Mir selber keinen Zeitdruck zu machen, musste ich erst lernen. Das ist auch eine Art der Entschleunigung, die ich als Hochgenuss empfinde.
Handgedrechselte Unikate von Hubert Kremmel sind im BOTTA sowie in seiner Werkstatt in der Staldenstraße 41b erhältlich!