News Zwei im Unruhestand 14. August 2019

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Das Lustenauer Ehepaar Rita und Sigi Hämmerle ist sich einig: „Man ist auf der Welt, um seine Spuren zu hinterlassen.“ Mit insgesamt vier Kochbüchern und einem Haushaltsbuch ist Rita Hämmerle nahezu in jedem Vorarlberger Haushalt vertreten, Sigi Hämmerle hat mit der „Vorarlberger Allee“ im 23. Wiener Bezirk gar der Bundeshauptstadt einen Stempel aufgedrückt.

Rita Hämmerle ist leidenschaftliche Köchin und hat schon als Kind ihrer Mutter in die Kochtöpfe geschaut. „Meine Mutter und meine Großmütter wussten immer, wie sich aus dem Wenigen, das man hatte, etwas Gutes und Gesundes zubereiten ließ. Damals gab es keine Supermärkte, keine exotischen Zutaten. Man musste erfindungsreich sein und hatte einfache Rezepte mit heimischen, saisonalen Lebensmitteln“, erzählt Rita Hämmerle. Ihr Mann, dem ihre Hausmannskost seit Jahrzehnten schmeckt, drängte sie Anfang der 1980er-Jahre dazu, diese Rezepte aufzuschreiben. „Erst wollte ich nicht so recht. Ich dachte, dass eh jeder so kochen kann“, so die Autorin. Schließlich begann sie doch mit der Niederschrift, bat Verwandte und Bekannte um ihre Familienrezepte.

Lustenauer Soulfood

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1982 erschien schließlich „Aus Großmutters Küche“ mit großteils fleischlosen Rezepten für jeden Tag, die leicht nachzukochen sind. Sie verzichtete dabei auf genaue Würzangaben, denn „jeder soll nach eigener Vorliebe abschmecken, wie er es mag“. Für sie selbst überraschend war das Kochbuch auf Anhieb ein Renner. „Kaum war die erste Auflage im Verkauf, mussten wir schon nachdrucken“, berichtet Rita Hämmerle. 20 Jahre lang war das Kochbuch das meistverkaufte in Vorarlberg. Inzwischen ist es in der neunten Auflage erhältlich. Noch immer wird es Kindern zum Auszug geschenkt, Studierende und Auswanderer nahmen es in die Fremde mit, um das Heimweh kulinarisch zu bekämpfen – Lustenauer Soulfood sozusagen.

Keine Angst vor Knödeln

Luschnouar_Koscht_Menü

2002 erschien der zweite Teil von „Großmutters Küche“, in dem sich auch Fleischgerichte und Weihnachtsbäckereien finden. Leider vergriffen ist der dritte Teil, der 2004 in den Verkauf kam und Schmankerl aus Österreich enthält. 2009 brachte Rita Hämmerle, die als Schauköchin auch beim Festival „Genuss am See“, als Rieblköchin am Luschnouar Markt, bei der Luschnouar Koscht und bei „Frisch gekocht“ mitwirkte, ein Buch mit „Tipps und Tricks – Wissenswertes für Küche, Haushalt und Garten“ heraus. Ein Jahr lang gab sie daraus im Radio Tipps, die ohne Chemie auskommen. Für den Frühjahrsputz empfiehlt sie übrigens Essig. „Er ist desinfizierend, schmutz- und kalklösend“, so Rita Hämmerle über das günstige Allround-Mittel. Ihr Wissen gab die passionierte Köchin auch in Kochkursen weiter, vor allem die Knödel-Kurse waren beliebt. „Viele trauen sich nicht an Knödel heran, generell an die traditionellen Gerichte, dabei gibt es dafür keinen Grund. Wenn es beim ersten Mal nicht klappt, muss man es halt weiter probieren. Ich musste ja auch alles erst lernen“, ermuntert Rita Hämmerle.

Frische Luft für Wien

BM Dr. Zilk pflanzt 1. Baum Vlbg. Allee

Ebenfalls Anfang der 1980er-Jahre nahm die heutige „Vorarlberger Allee“ in Wien ihren Anfang. Waldsterben, giftige Abgase und saurer Regen prägten die Schlagzeilen. Sigi Hämmerle, damals beim „Wann&Wo“, organisierte im Ländle eine Baumpflanzaktion mit und hatte die Idee, „als Zeichen der Verbundenheit zwischen den Bundesländern“ auch in Wien eine Straße mit Bäumen aus Vorarlberg zu säumen. „Ich dachte, die Wiener könnten eigentlich auch ein bisschen frische Luft vertragen. Es war erst eine verrückte Idee, sie ließ mich aber nicht mehr los“, berichtet Sigi Hämmerle lachend. Dank seines guten Drahts zum damaligen Wiener Bürgermeister Helmut Zilk pflanzten 1985 acht Vorarlberger Gärtner 150 Sommerlinden entlang einer Straße im 23. Wiener Gemeindebezirk, an der eines der modernsten Industriegebiete der Bundeshauptstadt entstehen sollte. Den ersten Baum setzte Bürgermeister Zilk bei einem Festakt persönlich. „Mit den Wiener Politikern war es ganz unkompliziert – man trank halt auch gerne ein Achtele oder zwei“, erinnert sich Sigi Hämmerle. Die Allee wurde namensgebend für die Straße. 

Abfahrt „Vorarlberger Allee“

Titelbild des Buches

Seither wachsen und gedeihen die Bäume der Vorarlberger Allee. Zum 20-jährigen Jubiläum2005 wurden 200 weitere Lindenbäume sowie ein Erinnerungsstein aus Silbertaler Granit gesetzt, letzterer getauft mit Sigi Hämmerles selbst gemachten Enzianschnaps. Als nach langer Vorlaufzeit 2006 die Verbindung der Westautobahn A1 mit der Südautobahn A2 eröffnet wurde, erhielt die Abfahrt S1 der neuen Umfahrung den Namen „Vorarlberger Allee“. „Das scheint heute in jedem Navi auf“, freut sich Sigi Hämmerle. Nach seinem Entwurf wurde 2008 am Kreisverkehr der Abfahrt ein acht Meter hohes Vorarlberg-Wappen aus Aluminium und Chromstahl aufgestellt. „Da könnte ich Geschichten erzählen“, so der Lustenauer, der vor Anekdoten rund um die Errichtung des Metallwappens nur so sprüht. 

4.000 Bäume für die Bundeshauptstadt

Vlbg. Allee Wien 23 nach 20 Jahren

Noch mehr frische Luft brachte Sigi Hämmerle den Wienern 2014, als im Nahbereich der Vorarlberger Allee der „Vorarlberger Wald“ entstand. Neuerlich über Sponsoren finanziert, wurden direkt am Radwanderweg nach Niederösterreich auf einer Fläche von 4.500 Quadratmetern mit Schülern 4.000 Bäume und 8.000 Sträucher gepflanzt. Immer wieder einmal besuchen Rita und Sigi Hämmerle den heranwachsenden Laubmischwald. „Er ist ein wahres Vogelparadies“, berichtet Sigi Hämmerle. Für sein Engagement wurde der Lustenauer sowohl vom Land Vorarlberg als auch von der Republik für seine Verdienste geehrt. So hielt etwa Landtagspräsident Harald Sonderegger fest: „Er hat ein Stück Ländle nach Wien gebracht.“ Die Entstehung der Allee fasste Sigi Hämmerle kürzlich in einem Bildband zusammen. Auch in seiner Heimatgemeinde hinterließ er mit seiner Umtriebigkeit Spuren. So bewahrte der gelernte Werkzeugmechaniker mehrere Lustenauer Bücher mit Neuauflagen vor dem Verschwinden, zeichnete für das Beno Vetter-Denkmal im Pfarrweg verantwortlich, begründete die Lustenauer Rhinzigünar und den Seniorenring mit, war aktiv bei den Jahrgängern und im Gewerbeverein sowie als Wirt. „Ich bin eben immer auf der Suche nach neuen Schandtaten“, erklärt Sigi Hämmerle. „Bei ihm muss immer etwas los sein“, bekräftigt seine Frau schmunzelnd.

„Schauen wir einmal ...“

Wald nach 4 Jahren

Rita Hämmerle hat inzwischen ihren 75er hinter sich, Sigi feiert heuer seinen 80. Geburtstag – an Ruhestand denken sie deshalb aber noch lange nicht. „Wir lassen es schon ein bisschen ruhiger angehen“, meinen die beiden. Den Winter verkürzen sie jedes Jahr mit einem mehrwöchigen Aufenthalt auf Gran Canaria, wo sie das milde Klima genießen. Dort lebt auch ihr Sohn. „Er ist, wie auch einer unserer Enkel, Berufskoch geworden“, berichtet Rita Hämmerle nicht ohne Stolz. Noch immer sind sie sehr aktiv, sind gerne im Ried unterwegs und gehen wandern. „Wir sind gottlob gesund“, so die beiden. Weitere neue Projekte haben sie erst einmal nicht geplant. „Ich habe Feierabend“, sagt Rita Hämmerle. Ihr Mann Sigi ist sich da aber nicht so sicher: „Schauen wir einmal ...“


Rita und Sigi Hämmerle 
Kochbücher „Aus Großmutters Küche“ und Bildband „Vorarlberger Allee Wien 23“ erhältlich bei DAS BUCH und über srhaemmerle@a1.net
www.grossmutterskueche.at